Hinter jedem Abschnitt des Müllbergs in Vogelsang stehen Schicksale von Betroffenen
Vogelsang IP liegt im Stadtgebiet von Schleiden und somit nahe am Zentrum der Flut-Katastrophe im Schleidener Tal. Das Ausstellungs-, Bildungs- und Besucherzentrum mit den denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen „NS-Ordensburg“ ist selber nicht betroffen von der Flut. Daher ist es auch möglich, dass Hilfe geleistet werden kann.
Von jeher versucht Vogelsang IP, Dinge miteinander zu verbinden, solidarisch zu sein mit den Menschen in der Region und in diesem speziellen Fall den Internationalen Platz (IP) der Stadt Schleiden für diese Hilfsaktion zur Verfügung zu stellen, sagt Thomas Kreyes, der Geschäftsführer von Vogelsang IP, in einem Gespräch.
Parallel möchte Vogelsang IP aber auch den Menschen gerecht werden, die in die Eifel kommen, um die Ausstellungen und das Gelände von Vogelsang zu besuchen. Dies soll nicht eingestellt, sondern aufrecht erhalten werden, so Thomas Kreyes. Solidarität und Hilfe für die Betroffenen kann man verbinden mit der Hoffnung, dass in der Eifel wieder bessere Zeiten kommen werden und dass nicht alle Dinge eingestellt werden müssen.
Des Weiteren sagt er, dass man nicht irritiert sein soll, wenn man den Müllberg sieht, sondern man solle bedenken, dass hinter jedem Abschnitt des Berges Schicksale der Betroffenen in den Orten stehen, insbesondere aus Schleiden und Gemünd. Zudem blickt Kreyes in die Zukunft und stellt die Frage, was nun ansteht in der neuen Phase der Katastrophen-Bewältigung. Benötigen die Hochwassergeschädigten Räumlichkeiten? Er meint damit beispielsweise auch Kindertagestätten, Schulen, Vereine und öffentliche Einrichtungen? Auch hier ist Vogelsang IP bereit, zu helfen und Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Weiter sagt Thomas Kreyes, dass Vogelsang immer dazu dienen könne, den Menschen einfach mal die Möglichkeit mit einem Besuch zu bieten, einen Tag auf andere Gedanken zu kommen.
Text-Interview mit Thomas Kreyes, Geschäftsführer Vogelsang IP, anlässlich der Unwetterkatastrophe in der Eifel, die sich in der Nacht zum 15. Juli ereignete
Frage: Sehr geehrter Herr Kreyes, wirkt sich die Katastrophe auch auf Vogelsang aus, das am Berg und nicht in einem der so verwüsteten Eifeltäler liegt?
Thomas Kreyes: Rekapituliere ich die Geschehnisse noch einmal, dann war bereits am Donnerstag, 15. Juli 2021, klar, dass wir in Vogelsang glimpflich davon gekommen sind. Doch aufgrund der Schicksale mancher Kollegen war auch deutlich, dass in den Tälern das Chaos ausgebrochen war. Manche Kollegen waren direkt betroffen. Andere, etwa von der Aachener Seite aus, waren weniger betroffen. Manche Mitarbeiter konnten auch von dieser Seite aus sofort wieder arbeiten kommen, während Schleiden und Gemünd komplett von der Flut betroffen waren.
Frage: Wie entwickelte sich dann aus Ihrer Sicht die Lage?
Thomas Kreyes: Bestimmte Sachen, das ganze Ausmaß, zeigte sich dann erst allmählich. Am Samstag nach der Katastrophe trat die Stadt Schleiden an uns heran und fragte, ob Müll nach Vogelsang gefahren werden könnte. Wir sagten natürlich zu und die Helfer haben sofort mit den Mülltransporten nach Vogelsang begonnen. Ich komme privat aus Erftstadt und hatte schon eine Vorstellung, was da auf uns zukommen könnte. Auch Erftstadt hat es ja schlimm getroffen. Wieviel Müll und Schutt dann aber tatsächlich in Vogelsang landete, das hatte ich unterschätzt. Wenn ich das jetzt sehe, da blutet mir das Herz. Ich sehe den Schuttberg; und ich sehe in jedem einzelnen Abschnitt liegt die Geschichte eines Hauses, ein persönliches Schicksal. Das geht einem sehr nah. Aber es gab auch keine Alternativen, diesen Riesenmüllberg irgendwo anders zwischenzulagern, wir konnten und wollten das nicht ablehnen. Der Müll birgt leider auch Risiken, etwa in Bezug auf Schadstoffe. Doch die Stadt Schleiden ist mit Sicherheitskräften und der Feuerwehr vor Ort gewesen.
Frage: Was wird aus diesem Schuttberg?
Thomas Kreyes: Derzeit wird die Zulieferung gestoppt, jetzt muss und wird der Kreis Euskirchen für die nächsten Schritte sorgen. Der Berg muss wieder abgetragen und beispielsweise nach Strempt in das Abfallwirtschaftszentrum des Kreises Euskirchen gefahren werden, sobald dort wieder Kapazitäten frei sind. Hoffentlich helfen dann noch einmal viele LKW Fahrer bei diesem Abtransport mit.
Frage: Wie verfahren Sie mit dem Ort Vogelsang? Bleibt der Ort für Besucher geöffnet?
Thomas Kreyes: Wir haben natürlich hier diskutiert, ob man die Einrichtung derzeit für Touristen und Gäste öffnen soll. Da sowieso weiter Gäste kamen, haben wir uns entschlossen, Vogelsang offen zu lassen. Vogelsang erst 2022 wieder zu öffnen, das würde nichts bringen. Es ist besser, die Touristen, die die Eifel ansteuern, kommen nach hier, als wenn sie in den verwüsteten Tälern landen. Derzeit haben wir ja generell noch mit den Akutfolgen zu tun. Doch denken wir inzwischen auch langfristig und bieten an, Übergangslösungen für Institutionen, wie etwa die Caritas - räumlicher Art - in Vogelsang zur Verfügung zu stellen. Wir möchten Zeichen setzen, damit die Menschen in der Eifel auch wieder hoffnungsfroh nach vorne schauen können. So planen wir auch Benefizveranstaltungen. Wichtig ist mir, dass wir Dinge miteinander verknüpfen können, dass wir solidarisch sind und in regelmäßigen Abständen einen neuen, angemessenen Fokus bei der Hilfe setzen.
Wir haben das Interview sowohl in Text- als auch in Videoform mit Thomas Kreyes geführt. Dafür möchten wir, die Redaktion von Eifel.DIGITAL , uns sehr bedanken. Zur Internetseite von Vogelsang IP geht es hier:
https://vogelsang-ip.de/de/